Weltweit die einzige Kleinstadt mit authentischem
Gaslicht seit 1887:

Gaslicht in Lobberich:

Eine Frage der Kultur...

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Fragen und Antworten für Skeptiker
Streit um das Gaslicht - seit 1887
Vision: Vermarktung und Würdigung des Gaslichtes

Gaslicht - Maskottchen

Kulturelle Überlegungen
Kleine Geschichte der Lobbericher Gasversorgung als erstes Zeichen des Fortschrittes


Minckeleers, Lebon, Auer - die Pioniere

Der Naturkundeprofessor Jan Pieter Minckeleers (1748-1824) aus Maastricht, beschrieb das Leuchtgas erstmals 1784 und verwandte es 1785 in seinem seinen Hörsaal an der Universität Leeuven zur Beleuchtung. 1799 erhält dann der Franzose Philippe Lebon ein Patent auf die "Thermolampe" Bald bauen die Engländer Gaswerke nach Lebons Prinzip und beleuchten Fabrikhallen und Straßenzüge.

Gerade Gemeinden mit Textilindustrie haben sich frühzeitig um Gasbeleuchtung bemüht. Textilfirmen waren wegen der Gefahr von Staubexplosionen auf sichere Lampen angewiesen. Sie produzierten ihr Leuchtgas selber (in Lobberich: am Nettebruch) und ließen oft die Orte daran teilhaben. In Lobberich war das ab September 1887, als die ersten öffentlichen Gaslaternen in Betrieb genommen wurden.


Denkmal Jan Pieter Minckeleers'
(Marktplatz Maastricht)

Öffentliche Straßenbeleuchtung gab es dann in London im Jahre 1808, in Paris 1815 in Hannover 1825 und in Berlin im Jahr 1826.

Doch das neue Licht macht auch Angst: "Das Gaslicht ist zu rein für das menschliche Auge, und unsere Enkel werden blind werden", schreibt der Schriftsteller Ludwig Börne (1786-1837). Und die "Cölnische Zeitung" wehrt sich am 28. März 1819 gegen die Gasbeleuchtung:

"Jede Straßenbeleuchtung ist verwerflich,

  • Aus theologischen Gründen, weil sie als Eingriff in die Ordnung Gottes erscheint. Nach dieser ist die Nacht zur Finsternis eingesetzt. (...) Dagegen dürfen wir uns nicht auflehnen, den Weltplan zu hofmeistern, die Nacht in den Tag verkehren zu wollen."
  • aus juristischen Gründen; weil die Kosten dieser Beleuchtung durch eine indirekte Steuer aufgebracht werden sollen. Warum soll dieser und jener für eine Einrichtung zahlen, die ihm gleichgültig ist, da sie ihm keinen Nutzen bringt, oder ihn gar in manchen Verrichtungen stört? (...)
  • aus philosophisch-moralischen Gründen; die Sittlichkeit wird durch Gassenbeleuchtung verschlimmert. Die künstliche Helle verscheucht in den Gemüthern das Grauen vor der Finsternis, das die Schwachen von mancher Sünde abhält. Diese Helle macht den Trinker sicher, daß er in Zechstuben bis in die Nacht hinein schwelgt, und sie verkuppelt verliebte Paare
  • aus polizeilichen Gründen; sie macht die Pferde scheu und die Diebe kühn(...)"

Mit der Erfindung des Glühkörpers (Auer) gab es einen erneuten Sprung in der Lichtausbeute.


Gasversorgung in Lobberich

Die seinerzeit boomende Fa. Niedieck erneuerte 1887 in der Nähe seiner Produktionshallen an der Breyellerstraße sein Gaswerk - Dieses versorgte ab September auch Lobbericher Straßen.

"Im Jahre 1887 ging der Lobbericher Bevölkerung das "Gaslicht" auf. Mit Hilfe eines Darlehns der Sparkasse Lobberich wurden Gasleitungen in Lobberich verlegt, die eine Straßenbeleuchtung ermöglichte und vielen Haushalten nützlich waren. Ein neuer "Gasometer" für die Gasfabrik der Firma Niedieck hatte die Gemeindeväter dazu veranlaßt, in der Gemeinderatssitzung vom 18.3.1887 den Tagesordnungspunkt "Gasanlage" zu genehmigen. Bereits im September 1887 erstrahlten Lobberichs Straßen im Glanz der Gaslaternen."

(Vollständiger Bericht in der Geschichte der Sparkasse: )

Zu den Errungenschaften der 80er Jahre gehörten die Verlegung von Gasleitungen im Ort, deren Nutzung für Haushalte sowie - zur Verschönerung der Gemeinde - die Gasbeleuchtung in den Straßen. (...) Die Gemeinde (nimmt) hierzu bei der Sparkasse ein Darlehen von 50.000 Mk auf. Technische Voraussetzung ist die von der Firma Niedieck seit Mitte der 80er Jahre betriebene Gasfabrik, die außer Gas auch Koks liefert. (Nun ist) die Firma Niedieck einen neuen Gasometer zu installieren gezwungen ist und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit an die Gemeinde den Antrag richtet, »dem Ort für einen sehr mäßigen Preis auf längere Zeit unter Garantie gutes Kohlengas zu liefern«. Dies findet die nachdrückliche Unterstützung des Wochenblattes, das an die Ratsmitglieder appelliert, das Wohl des Ortes im Auge zu behalten; »denn scheitert der Antrag wieder, so ist wohl alle Aussicht auf Gasbeleuchtung für lange Zeit verloren.« In der Gemeinderatssitzung vom 18. März 1887 wird, so berichtet Rhein u. Maas am folgenden Tage lapidar, der »Punkt >Gasanlage< angenommen und verpflichtet sich die Firma Niedieck & Co, die Anlage bis zum 1. October (...) fertig zu stellen.«

Handel und Handwerk im Ort reagieren prompt. In der Osterausgabe vom 9. April 1887 empfiehlt sich der auf dem Markt ansässige Kupferschmied Josef Dickmann für die Installation von Gas-, Dampf-, Kalt- und Warmwasserleitungen und verweist auf eine reichhaltige Auswahl an Gaslampen. Sein Kollege Johann Pickers, Hochstraße, sieht sich bei den anstehenden Gasanlagen in einem Wettbewerbsvorteil »mit Rücksicht auf die reichen Erfahrungen, welche ich bei derartigen persönlich geleiteten Einrichtungen in größeren Städten gewonnen habe.«

Die Anlegung des Gasnetzes wird der Kölner Firma F. Wiegand übertragen und kommt zügig voran, ohne daß der Straßenverkehr gravierend gestört wird. Mitte Juni ist bereits eine große Strecke verlegt. »Erfreulich ist es, daß durch die Erdarbeiten den Arbeitern so schöne Gelegenheit geboten ist, auf längere Zeit einen guten Tagelohn verdienen zu können, der Manchem für den kommenden Winter noch gut sein wird. Es wäre deshalb zu wünschen, daß die Arbeit nicht durch Heranziehen fremder Arbeitskräfte zu sehr beschleunigt würde." Die Arbeiten schreiten allerdings rasch voran, so daß wir bereits am 10. September 1887 lesen, daß »die schon in Anwendung gekommene Beleuchtung der Straßen den allgemeinsten Beifall« finde. Anerkennung wird der »wohllöblichen« Gemeindevertretung nunmehr ausgesprochen für die gemeinnützige Einrichtung, die den örtlichen Verhältnissen in hohem Maße gerecht werde. Lob erhalten auch das durchführende Unternehmen und der technische Leiter. Besonders wird die Beleuchtung des Marktplatzes hervorgehoben. Angesichts der anstehenden Straßenpflasterungen herrscht die Erwartung, daß >>Unser Lobberich bald zu den freundlichsten Städtchen gehören« werde.

Lobberich mit Gasbeleuchtung ist schöner und sicherer geworden. Dennoch versucht am Nikolausabend 1887 ein freches Frauenzimmer, »mitten auf der gasbeleuchteten, belebten Hochstraße« einem Mädchen seinen Korb mit eingekauften Nikolausgaben zu entreißen. Der Versuch wird vereitelt, das Frauenzimmer entkommt, Schreck und Empörung bleiben.

(aus Optendrenk: Lobberich im Aufbruch, Nettetal 1993, S. 26/27)

Erzeugt und gespeichert wurde das Gas in "Gasometern" der seinerzeit boomenden Fa Niedieck (am Nettebruch, 1887 - dort waren auch Produktionshallen) ...


Gaswerk der Fa. Niedieck, Sammlung Lobberland


Gaswerk der Fa. Niedieck, Detailaufnahme einer alten Ansichtskarte - Sammlung Lobberland

Später (1923) übernehm die Gemeinde Lobberich die Gasproduktion.
(Wevelinghoverstraße Nähe Rosental, erbaut 1923, das Verwaltungsgebäude ist heute Sitz einer Baufirma)


Gemeindegaswerk nach Fertigstellung 1923 - Foto: Sammlung Photobrock


Gaswerk (im Hintergrund) Foto von  1956 - Sammlung Heymanns

Auffällig ist die hohe Zahl der angeschlossenen privaten gasbetriebenen Geräte. => mehr


"Lateäre-Pitt"

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts konnte man mit der "Druckwelle" alle Laternen schalten. Eine Membran reagiert dabei auf kurzzeitig erhöhten Gasdruck und schaltet die Laterne. Wenn alles gu geht abends "ein, zu später Stunde auf halbe Flamme und morgens "aus". Wo das nicht funktionierte, musste der "Lateäre-Pitt" nacharbeiten. Mit Stange samt Haken zog er zum Schalten an einer Öse an der Laterne und brachte diese wieder in den Takt der Druckwellen. => mehr