Eisernes Buch
der Gemeinde Lobberich (1929)

- Fürsorge für die Hinterbliebenen der gefallenen Krieger -

Buch S. 56

eisernes Kreuz

Die Bezüge der Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen wurden durch die Militärpensionsgesetze von 1906 und 1907 geregelt und zwar in Deutschland so gut wie in keinem anderen Lande der Welt. Das war namentlich für unsere Kriegerfamilien eine Beruhigung. Witwen und uneheliche oderlegitimierte Kinder der Gefallenen oder infolge Kriegsverwundung oder Kriegsdienstbeschädigung gestorbener Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere erhielten Kriegs-, Witwen- und Waisengeld. Das Kriegswitwengeld betrug bei der allgemeinen Versorgung jährlich:

a) 300 Mark für Witwen eines Feldwebels, Vizefeldwebels, Sergeanten mit Vizefeldwebelgebührnissen, Zugführers der freiwilligen Krankenpflege und Unterbeamten mit pensionsfähigem Diensteinkommen von mehr als 1200 Mark.

b) 200 Mark jährlich für Witwen eines Sergeanten, Unteroffiziers, Zugführers-Stellvertreter oder Sektionsführers der freiwilligen Krankenpflege, Unterbeamten mit pensionspflichtigem Diensteinkommen von jährlich 1200 Mark und weniger.

c) 100 Mark jährlich für Witwen eines Gemeinen oderjeder anderen Person des Unterpersonals der freiwilligen Krankenpflege.

Wenn "allgemeinene Versorgung" nicht in Frage kam, so erhielten die Witwen der unter a) aufgeführten Personen jährlich 600 Mark, der unter b) aufgeführten Personen 500 Mark und der unter c) aufgeführten Personen jährlich 400 Mark.

Das Kriegswaisengeld betrug bei "allgemeiner Versorgung" für alle Waisen dieser Klassen 108 Mark, falls die Mutter noch lebte. War auch diese gestorben, so erhielt die Waise 140 Mark jährlich. Stand "allgemeine Versorgung" nicht zu, so erhielt jede Waise, falls die Mutter lebte, jährlich 160 Mark, falls die Mutter aber tot war, 240 Mark.

Kriegselterngeld konnte den Verwandten aufsteigender Linie gewährt werden, wenn der verstorbene Kriegsteilnehmer ihren Lebensunterhalt überwiegend bestritten hatte. Dem Vater und jedem Großvater, der Mutter und jeder Großmutter konnten jährlich 250 Mark Kriegselterngeld bewilligt werden. Ein Rechtsanspruch darauf bestand allerdings nicht. Die Bewilligungen geschahen auf Antrag im Gnadenwege.

Den Hinterbliebenen von Personen, die zwar zum Kriegsdienst eingezogen gewesen waren, aber nicht dem Feldheere angehört hatten, konnte Kriegsversorgung gewährt werden, wenn diese Heerespersonen infolge außerordentlicher Anstrengungen vor Ablauf eines Jahres nach Friedensschluß gestorben waren. Die Anstrengungen mußten aber unmittelbar mit dem Heeresdienst in Verbindung zu bringen sein. Ebenso waren die Hinterbliebenen solcher Personen geschützt, die auf Befehl an Kriegen fremder Heere teilgenommen hatten und vor Ablauf eines Jahres nach Friedensschluß gestorben waren. Diese Bestimmung war z.B. wertvoll für den Fall der Abkommandierung von Mannschaften zum österreichisch-ungarischen Heere.

Endlich allen nicht versorgungsberechtigten Witwen Beihilfen gewährt werden, sodaß das jährliche Gesamteinkommen betrug: Bei den Witwen unter a) genannten Person 600 Mark, einer unter b) genannten Person 500 Mark und einer unter c) genannten Person 400 Mark.

Die Zahlung begann entweder nach Einstellung der Gnadengebürnisse oder mit dem Tage, der auf den Sterbetag folgte. Kriegsversorgungen wurden monatlich im voraus, Zuschüsse in einer Summe im voraus, gezahlt.

Bereits im August 1914 beschlossen die Vorstände der christlichen Gewerkschaften in Köln, von dem Vermögensbestande mehrere Millionen Mark den Hinterbliebenen der Kriegsteilnehmer zuzuwenden.

Der Lobbericher Textilarbeiterverband gewährte, obwohl die Mitgliedschaft für die Kriegsteilnehmer ruhte, den Hinterbliebenen der im Felde Gefallenen ein Sterbegeld und eine einmalige Witwen- und Waisenunterstützung.

Die Landesbank der Rheinprovinz richtete ebenfalls eine Unterstützungskasse für die Hinterbliebenen von Kriegsteilnehmern ein, unter der Bezeichnung "Kriegsversicherung der Rheinprovinz auf Gegenseitigkeit für den Krieg 1914". Die Sparkasse Lobberich erteilte auf Wunsch jede Auskunft.

Auf Anregung des Vereins deutscher Schmucksteinfreunde e.V. Krefeld bildete sich unter dem Vorsitze des Herrn Carl van der Upwich für die Dauer des Krieges ein Ausschuß zur Errichtung einer Sammelstelle "Vaterlandsdank 1914". Der Vaterlandsdank hatte sich seit dem Tage der Mobilmachung bereits über ganz Deutschland verbreitet. Seine Aufgabe war die Sammlung entbehrlicher Gold- und Silbersachen aller Art. Die Gaben flossen der Nationalspende zu. Der sich aus der Einschmelzung der Gaben ergebende Erlös wurde zum Besten notleidender Hinterbliebener im Kampfe gefallener Krieger verwandt. Sammelleiter und Schriftführer war Herr Albert Boetzkes jr. Lobberich.

Es gingen bei dieser Sammelstelle ein:

6 Uhren, 6 Uhrketten, 6 Trauringe, 29 Schmuckringe, 22 Uhr- und Armringe, 18 Münzen, 9 Broschen, 14 Kreuze, 19 sonstige Gegenstände und 12 Mark an barem Geld.

Bei der Geschäftsstelle Rhein und Maas wurden abgegeben:

1 silbervergoldeter Kranz, 1 silbernes Tablett und 3 Paar goldene Ohrringe.

Die Stifter erhielten als Gegengabe Eisenringe mit der Inschrift "Vaterlandsdank 1914". Wurden die Eisenringe als Ersatz für Trauringe gegeben, so lautete die Inschrift "Treu wie Gold".

Die erste Sendung der in Lobberich gesammelten Gold- und Silbersachen ging im Februar 1915 an die Hauptstelle "Vaterlandsdank 1914" ab. Es wurden 277 Gaben abgeliefert, die ein glänzendes Zeugnis über die Opferfreudigkeit der Lobbericher Bürgerschaft zur Linderung der Not der Hinterbliebenen der gefallenen Krieger ablegten.

Nicht weniger als 940 goldene und silberne Gegenstände, wie Uhren, Ringe, Armbänder, Knöpfe, Nadeln, Brillengehäuse, Gabeln, Löffel, Messer, Münzen und Medaillen sowie 200 Mark bares Geld konnten wiederum am 1. Juni 1915 an die Hauptstelle Vaterlansdank abgeliefert werden.

Die Sammlung der hiesigen Ortssammelstelle des Vaterlandsdank brachte im ersten Jahre an Gold- und Silbersachen einen Metallwert von 750 Mark und an Barspenden 1016 Mark auf. An den Spenden beteiligten sich 500 Bürger, an die 560 Erinnerungsringe ausgegeben wurden.

Die im Oktober 1916 veranstaltete Sammlung der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen ergab in der Gemeinde Lobberich den Betrag von 12 140,96 Mark.

Ein Wohltätigkeitskonzert, das am Ostermontag 1917 für die Hinterbliebenen der U-Bootleute im Kessel'schen Saale stattfand, wies einen Reinertrag von 205,10 Mark auf.

Der Ertrag der Sammlung für den gleichen Zweck und für die Nationalstiftung des Kreises Kempen belief sich inLobberich auf 11 755,14 Mark.

Die Privatsammlung des Verlages Rhein und Maas hatte ein Ergebnis von 2 226 Mark.

Die unter dem Titel "Deutscher Frauendank" im Dezember 1917 gesammelten Gelder wurden von der Zentrale in Berlin je zur Hälfte dem Reichsausschuß der Kriegsbeschädigtenfürsorge und der Nationalstiftung für Hinterbliebene überwiesen. Zum erstenmale flossen von diesen Geldern 225 Mark nach Lobberich zurück. Diese Summe wurde verwandt als Beihilfe für Angehörige Gefallener oder Kriegsbeschädigter zur Schul- oder Berufsbildung, und zur Unterstützung für Angehörige - insbesondere Mütter - Gefallener, für die durch Renten nicht hinreichend gesorgt war, oder für Angehörige von Kriegsbeschädigten, die durch Alter, Krankheit oder Inanspruchnahme in der Familie in der Familie am eigenen Erwerb verhindert waren.

Am 7. Januar 1918 wurden im Tohang'schen Hause - neben dem Bongartzstift - die ersten Sprechstunden der Kriegshinterbliebenenfürsorge abgehalten und lebhaft von den Kriegshinterbliebenen in Anspruch genommen. Geleitet wurde die Fürsorgestelle von den Damen Fräulein Lehrerin Janssen, Fräulein Katharina Deutges und Fräulein Alwine Tohang. Regelmäßige Sprechstunden fanden Montags von 2 bis 4 Uhr nachmittags statt.


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