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Donnerstag, 26. Januar 2006


Korruption war das nicht


Mehr als hundert Kommunalpolitiker aus Nordrhein-Westfalen sind in den Verdacht der Vorteilsnahme geraten.

(dv) Wie Günther Feld, Justizsprecher der Staatsanwaltschaft Köln, mitteilte, laufen Ermittlungen gegen den Energieversorger E.on Ruhrgas. Der Konzern soll Ausflüge nach Frankreich und Spanien bezahlt haben. Das Ermittlungsverfahren, das erst jetzt bekannt wurde, läuft bereits seit über einem halben Jahr.

Auch Mitglieder des Aufsichtsrates (Wahlperiode 1999 bis 2004) der Stadtwerke Nettetal kamen im September 2000 in den Genuss einer solchen Informationsfahrt. Einer der Mitreisenden war der damalige und derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke Günter Werner. Dieser erhielt als Mandatsträger im November vergangenen Jahres Post aus Köln - kurz bevor die fünfjährige Verjährungsfrist ablief.

„Wir sind damals mit einem Bus aus Nettetal am Freitag zur Besichtigung einer Gasverteilungs- und -aufbereitungsanlage aufgebrochen. Am Abend ging es dann nach Amsterdam, wo wir in einem Hotel - zum Teil mit Anhang - übernachtet haben. Zuvor gab es einen Stadtspaziergang und ein Abendessen. Am kommenden Morgen folgten Vorträge zu den Themen Gasversorgung, Sicherheit und Lieferservice. An Freizeit dabei zu denken, halte ich für etwas übertrieben“, so der Nettetaler. Die Übernachtung samt Verpflegung wurde von Ruhrgas bezahlt, die Mandatsträger zahlten den Bus in die Niederlande.

„Damals haben mich vor allem die Vorträge zum Thema Liberalisierung des Gasmarktes interessiert. Wenn ich allerdings das Wissen, von heute damals schon gehabt hätte, dann wäre ich bestimmt nicht mitgefahren“, so Werner. Mittlerweile habe sich zum einen die entsprechende Gesetzeslage für Mandatsträger, aber auch seine persönliche Einstellung zum Thema völlig geändert.

Werners Rechtsanwalt kümmert sich seit November um die Angelegenheit. Dem ersten Vernehmen nach gäbe es Anzeichen, nach denen man das Verfahren einstellen wolle. Die Kölner prüfen derzeit, ob man das Verfahren an die örtliche Staatsanwaltschaft in Krefeld abgibt.

Denn der Verdacht, dass sich die Kommunalpolitiker im Gegenzug für die Reisen für Lieferverträge mit E.on Ruhrgas einsetzten, ist mindestens im Nettetaler Fall wenig haltbar. Wie der derzeitige Geschäftsführer der Stadtwerke Nettetal, Norbert Dieling, auf Anfrage der Grenzland-Nachrichten mitteilte, wurde der Vertrag mit E.on Ruhrgas bereits am 1. Oktober 1996 abgeschlosen und laufe noch bis 30. September 2011. Zusätzlich hatte der Aufsichtsrat die Entscheidung über den Gaslieferanten seit 1999 an den damaligen Geschäftsführer Erwin Dickmann abgegeben.

Mit dem Wechsel der Geschäftsführung im Oktober 2000 zu Norbert Dieling habe es keine Fahrten dieser Art mehr gegeben. „Als nicht Betroffener kann ich Ihnen keine Auskünfte zum Sachverhalt geben“, so die einhellige Aussage von Dieling und Peter Ottmann, damals Nettetaler Bürgermeister und heutiger Landrat.

Von Seiten der Stadt sieht Bürgermeister Wagner, als Gesellschafter der Stadtwerke, keine negativen Auswirkungen für den Energieversorger. Daneben hätte auch er kein Einblick ins Verfahren, bat allerdings darum, niemanden vorzuverurteilen, sondern die Unschuldsvermutung bis zu einem Urteil in den Vordergrund zu stellen. Wagner bestätigte, dass man derzeit prüfe, den Vertrag mit Ruhrgas aufzulösen.


SPD: Siemes tritt aus Fraktion aus


Direkt nach der ersten Sitzung des Stadtrates am Dienstag erhält der Parteilose Jörg Hebben einen Sitznachbarn. Überraschend erklärte Hajo Siemes seinen Austritt aus der SPD-Fraktion und sitzt künftig als fraktionsloses Mitglied im Rat.

(dv) Noch vor Eintritt in die Tagesordnung verlas der Kaldenkirchener seine Erklärung, in der er vor allem das gestörte Vertrauensverhältnis zum Fraktionsvorsitzenden als Gründe für seinen Schritt benannte. Vorangegangen war die Fraktionssitzung der SPD am Montag, auf der sich der Stadtverordnete „einem Tribunal“ gegenübersah. Auslöser der Diskussion waren in erster Linie seine Anfragen an den Rat, die die Fraktion vor Veröffentlichung vorgelegt haben wollte. „Man hat mich massiv unter Druck gesetzt, sogar der Geschäftsführer des Kreisverbandes, Ibrahim Yetim, wurde bemüht, mir mitzuteilen, dass ich jegliche Anträge dem Fraktionsvorsitzenden schon im Zeitpunkt der Veröffentlichung vorlegen muss“, so Siemes in seiner Erklärung. Für das Ratsmitglied ein weiteres Indiz, ihn in seiner Meinungsfreiheit einzuschränken. „Dies ist für mich nicht hinnehmbar.“

Harte Worte fand er auch für seine Fraktions- und Parteigenossen, denen er vorwarf, keine Oppositionsarbeit zu leisten.


Hajo Siemes

Das Vertrauensverhältnis sei schon längere Zeit gestört, nachdem der Kaldenkirchener beauftragt wurde, mit den Grünen einen Antrag zum Bürgerhaushalt auszuarbeiten. „Als das Thema zur Sprache kam, hat man allerdings so getan, als wüsste man von nichts“, so Siemes am Dienstag.

Die Demontage von „bösen Mitgliedern“ hat in der SPD Tradition, wenn man sich die lange Liste mit Jörg Hebben, Gregor Herter, Renate Dyck, Elvire Kückemanns und jetzt Hajo Siemes anschaut. Die Frage darf gestattet sein, ob sich durch das „Ausschalten“ dieser ehemaligen oder aktiven Mandatsträger die Politik der Sozialdemokraten verbessert hat.

Siemes wolle auch künftig Mitglied der SPD bleiben, da er von den Idealen der Bundespartei überzeugt sei. Eine Fraktion mit dem Parteilosen Jörg Hebben wollen beide nicht eingehen. Jedoch suche man nach Schnittpunkten.


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