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Donnerstag, 02. März 2006


Auf dem Rücken der Kinder


(dv) Grenzland. Für Patienten, die auf sogenannte Heilmittel - Krankengymnastik, Ergo- und Sprachtherapie - angewiesen sind, hat es in den vergangenen Jahren fast nur schlechte Nachrichten gegeben.

Seit 2001 werden Heilmittel nach den sogenannten Heilmittelrichtlinien verordnet. Seit dem 1. Januar dieses Jahres ist für alle Ärzte zusätzlich auch noch das Heilmittel-Budget (Richtgrößen) in Kraft getreten. Demnach dürfen Heilmittel nur bis zu einer festgelegten Ausgabengrenze verordnet werden.

Die eigentlich positive Idee, die Ausgaben der Krankenkassen zu senken, hat jedoch dramatische Auswirkungen. Derzeit scheuen sich die verordnenden Ärzte wie Kinder- und HNO-Ärzte, die notwendigen Rezepte auszustellen. Obwohl vielen Medizinern klar ist, dass deutlich mehr Kinder eine Therapie benötigen, fürchten sie sich vor den hohen Regressforderungen: Das Heilmittelbudget für Kinder- und Jugendärzte beträgt 20,67 Euro pro Patient und Quartal - eine Förderstunde kostet im Schnitt 33 Euro.

Die Folge: Besorgte Mütter müssen um jedes Folgerezept beim Arzt kämpfen.

Ein Umstand, den auch die Diplom-Logopädin Natascha Van den Bosch und die Diplom-Sprachheilpädagogin Claudia Varriale von der Gemeinschaftspraxis für Logopädie in Nettetal zu spüren bekommen. Die gesamte Branche verzeichnete seit Jahresbeginn einen Rückgang von bis zu 40 Prozent. Die ersten Entlassungen wurden geschrieben. Von bisher 50 Patienten in der Woche sind der Sprachheilpädagogin Varriale nur noch 29 geblieben, denn viele Kinder- und Jugendärzte im Kreisgebiet haben ihre Verordnungen um bis zu 50 Prozent reduziert.

Die weitere Verordnung von Heilmitteln bis zum Ende des jeweiligen Quartals ist völlig ungewiss. „Neben unseren wirtschaftlichen Folgen machen wir uns in erster Linie Gedanken über die Kinder“, so die Fachfrau.

„Die betroffenen Kinder sind letztendlich die Leidtragenden dieser Regulierungsmaßnahme“, findet auch Elke Graw. Die Mutter des vierjährigen Max sieht erhebliche Probleme auf ihr Kind zukommen. Die Erfolge bei dem Kleinen sind seit Therapiebeginn im September vergangenen Jahres enorm. „Der Junge spricht viel flüssiger und hat mehr Kontakte zu den anderen Kindergartenkindern“, berichtet die Mutter. Vor der Therapie äußerte sich die ungenügende Mitteilungsmöglichkeit auch in Schlägen.

Über die Zukunft des kleinen Max machen sich seine Therapeuten erhebliche Gedanken. Bisher wurde er zweimal in der Woche je 45 Minuten therapiert, jetzt hat seine Mutter nur noch ein Rezept für einmal die Woche 30 Minuten bekommen. „Wenn es bei dieser Therapiefrequenz bleibt, bekommt der Junge schulische Probleme“. Im Härtefall sei sogar eine Sonderschule vonnöten, wie Logopädin Van den Bosch bestätigt.

Die Folgen einer Nichtbehandlung beispielsweise einer Sprachentwicklungsverzögerung haben also unumstrittene teure Folge- und Mehrkosten, die an anderer Stelle wie dem Förder- und Sonderschulunterricht sowie bei der Verhaltenstherapie und Ausfall bei der Arbeit und das damit verbundene Krankengeld erst später spürbar werden.

Selbst Bundesärztekammer und die kassenärztliche Bundesvereinigung weisen darauf hin, dass die Richtgrößen keinesfalls dazu gedacht sind, Kindern eine medizinisch notwendige Sprachtherapie vorzuenthalten. „Bislang ist der Ärztevereinigung kein Arzt bekannt, der wegen zu vieler sprachtherapeutischer Verordnungen zu Regresszahlungen verpflichtet wurde“, informiert Sprachheilpädagogin Claudia Varriale.

Vor allem die langen Pausen zwischen den Rezepten machen den Therapeuten große Sorgen. Anita Drathen, Mutter der fünfjährigen Julia, muss bis Mitte des Monats warten, bis sie mit ihrer Tochter beim Kinderarzt vorstellig werden kann. „Bisher habe ich mein Rezept immer vom HNO-Arzt bekommen, dieser verweigerte jedoch eine neue Verschreibung und schickte mich zu meinem Hausarzt. Dort bekomme ich jedoch erst im März einen Termin“, beklagt sie sich.

Die Folgen des eineinhalbmonatigen Therapieausfalls sind bei der Fünfjährigen schon heute zu spüren. „Obwohl wir zu Hause regelmäßig üben, gehen die bisherigen Erfolge zurück“, erzählt Drahten. Elke Graw, die Mutter des vierjährigen Max, wäre auch bereit, die Stunden aus der eigenen Tasche zu zahlen, „damit mein Kind nicht den Anschluss verliert“. Denn die Vorstellung vieler Ärzte, dass die Eltern mit ihren Kindern lernen, sieht in der Praxis ganz anders aus.

Dem derzeitigen Rückgang an Verschreibungen sehen Varriale und Van den Bosch mit großer Sorge entgegen. „Wenn sich nicht bald etwas ändert, ist diese Situation für viele Praxen, die auf Heilmittel-Verschreibungen angewiesen sind, existenzbedrohend“, erläutert Varriale. Ob sie weiterhin ihre drei Angestellten in der Gemeinschaftspraxis beschäftigen kann, ist derzeit ungewiss. „Zwar sind unsere Berufsverbände im Gespräch mit der Politik und den Ärzteverbänden, jedoch scheint die Angst der Mediziner vor dem Regress immer noch sehr hoch zu sein“, schätzt Natascha van den Bosch.

Das derzeitige Sparen bei den schwächsten Gliedern der Gesellschaft, nämlich den Kindern, sehen viele Patienten als starken Gegensatz zur Bildungsoffensive. Vielmehr sind jetzt schlechten Schulnoten, der Entwicklung einer Lernstörung und der Verringerung von späteren Berufschancen Tür und Tor geöffnet.

Am kommenden Montag, 6. März, findet der europäische Tag der Logopädie statt. Zwischen 15 und 21 Uhr können Eltern unter der Hotline 0180/5353532 Fragen rund um die kindliche Sprachentwicklung stellen.


nette-logopaedie.de


Stammtisch zum Thema Holz


Der Nettetaler Solarstammtisch startet in die zehnte Runde. Am nächsten Donnerstag, 9. März, geht es um die Nutzung von Holzpellets, und Holzhackschnitzel.

Zum Thema „Heizen mit Holz“ referieren Jürgen Drobnitza (Paradigma Pelletkessel) und Michael Wießner (Forstamt Mönchengladbach).

Die Veranstaltung findet um 19.30 Uhr im Landcafé Lynders auf dem NABU Naturschutzhof, Nettetal-Lobberich, Sassenfeld 200 statt. Der Eintritt ist wie immer frei.

Die Preise für Holzheizstoffe sind trotz steigender Nachfrage stabil geblieben. Einen Überblick über Holzheizsysteme mit dem Schwerpunkt Holzpelletkessel geben die Referenten an diesem Abend. Ausführlich werden auch die Möglichkeiten der Nutzung von Fördergeldern bei der Anschaffung einer Holzheizung dargestellt.

Eine Anfahrtsskizze zum NABU-Naturschutzhof findet sich unter: www.nabu-krefeld-viersen.de. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den Geschäftsführer der Grünen Ratsfraktion Wilfried Wolters Email: gruenefraktion@nettetal.de, Rufnummer 02153/70374.


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