Lobberich

von Bürgermeister Eger, Lobberich 1928
(alte Rechtschreibung beibehalten)


Lobberich liegt an der Reichsbahnlinie Kempen-Venlo, etwa 8 km von der deutsch-holländischen Landesgrenze. Ueber die Gründung des Ortes läßt sich mit Sicherheit nichts Bestimmtes sagen, jedoch steht fest, daß die Pfarrei Lobberich bereits im 10, Jahrhundert hestanden hat. Erzbischof Warinus von Köln, der von 976 bis 984 regierte, trat während seiner Regierungszeit u. a. auch die Kirche in Ludbach (Lobberich) an das Bistum Lüttich ab. In politischer Beziehung gehörte Lobberich von altersher der Grafschaft Geldern an, welche im Jahre 1339 zu einem Herzogtum Geldern erhoben wurde. Dieses Herzogtum war in eine Reihe von Aemtern eingeteilt, Lobberich gehörte zum Amte Krickenbeck. Im Jahre 1543 viel das Herzogtum Geldern und damit auch das Geldrische Amt Krickenbeck durch den Venloer Frieden an Spanien. Bis zum Jahre 1703 verblieb das Herzogtum Geldern unter spanischer Herrschaft, Im Jahre 1703 besetzte der Preußenkönig das niederrheinische Gebiet, durch den Frieden zu Utrecht im Jahre 1713 kam das Herzogtum Geldern endgültig in den Besitz der Krone von Preußen.

Eine Reihe von Adelsitzen befanden sich in Lobberich. Der bedeutsamste Adelsitz war die Burg Bocholtz, welche den Grafen Bocholtz zu Bocholtz gehörte, Bocholtz wird urkundlich zum ersten Male im Jahre 1096 erwähnt, Von der Burg ist leider nicht mehr viel erhalten. Heute steht nur noch das sogenannte Burgtor, massiv in Quadern gebaut, von vier Wachttürmchen flankiert und im Inneren mit zwei Kreuzgewölben versehen.

Die Reste des 21 m hohen Wachtturms, auch Kaiserturm genannt, ragen heute noch gen Himmel als ein Denkstein. der Geschichte alter Zeiten. Das Dynastengeschlecht derer von Bocholtz (Lobbericher Linie) ist tot, das Herrschaftswappen ist im Jahre 1925 vom Preußischen Staatsministerium der Gemeinde Lobberich als Gemeindewappen verliehen worden.

Außer dem Adelssitz Burng Bocholtz verdienen u. a. noch Haus Ingenhoven, Haus Brook (Brockerhof), Merschelshof, das Lehngut zu Heythuysen und Wolfshosch genannt zu werden.

In volkswirtschaftlicher Beziehung genießt Lobberich durch seine ausgedehnte Samt- und Samtbandindustrie einen Weltruf.

1786 hatte in Geldern Johann Ludwig de Ball die Firma gleichen Namens von seinem Vater übernommen. Die Söhne Johann Ludwigs siedelten nach Lobberich über und webten hier bald mit 400 bis 900 Stühlen.. 1861 kam die Firma in den Besitz der Familie van der Upwich. Die Firma Niedieck u. Co, wurde 1855 gegründet, Nach dem 70er Kriege entwickelte sich die hiesige Samtindustrie bedeutend. Diese Entwicklung machte Ende der 70er Jahre, als die Firma Niedieck u. Co. den mechanischen Doppelsamtwebstuhl erfand, und ungeahnte Fortschritte. Ueber 2500 Arbeiter fanden in den Fabriken Beschäftigung. Die Kriegsjahre 1914 bis 1918 brachten einen Umschwung zum Schlechteren. Im Export machte der sinkende französische Franken jedes Geschäft unmöglich. In Amerika stellten sich Zollschwierigkeiten ein. England führte ebenfalls Zölle ein. Allenthalben entwickelten sich hinter Zollmauern Nationalindustrien, Italien, Spanien, Tschechoslowakei, Polen und Rußland fielen als Abnehmer fast ganz aus. Zwar hat sich in den letzten Jahren die Absatzmöglichkeit verbessert, jedoch wird sich der Zeitraum zur Gesundung der Verhältnisse in der Samtindustrie noch über viele Jahre erstrecken müssen.

Neben der Großindustrie finden wir in Lobberich noch eine Reihe von Kleinbetrieben, einen schaffensfreudigen Mitte1stand und eine blühende, allerdings auch unter der wirtschaftlichen Not der heutigen Zeit leidende Landwirtschaft.

Der Ort Lobberich ist der niederrheinischen Bauweise angepaßt und übt mit seinen sauberen Straßen und Gassen, sowie mit seinen blumemgeschmückten, zum Teil aus dem Mittelalter stammenden Häusern einen ganz besonderen Reiz und einen recht wohltuenden Eindruck auf jeden Besucher aus, Lobberich zählt rund 7500 Einwohner, Es besitzt Bürgermeisteramt, Gemeindesparkasse, Amtsgericht, Notariat, Postamt II, Reichsbahnstation, zwei katholische und eine evangelische Kirche, zwei Kapellen, höhere Knaben- und höhere Mädchenschule, vier Volksschulen, eine gewerbliche Berufsschule, eine Mädchenfortbi1dungsschule, eine ländliche Fortbildungsschule, einen Kindergarten, Gaswerk, Wasserwerk, ein Waisenhaus und ein mit den Errungenschaften der neuzeitlichen Heilbehandlungen ausgestattetes Krankenhaus.

Zur Durchführung der Jugendpflege sind in den letzten Jahren zwei Sportplätze, eine Turnhalle mit Waschräumen und eine Jugendherberge geschaffen worden.

Wenn auch durch den Rückgang der Samtindustrie schwere Zeiten für Lobberichs Gemeindeverwaltung, und Bürgerschaft eingetreten sind, so wird dennoch unentwegt und mutig weitergearbeitet in dem Glauben auf eine baldige bessere Zukunft und auf den Wiederaufbau unseres Vaterlandes.


Quelle: Kreisverwaltung (Hg.): Heimatbuch des Landkreises Kempen. Beiträge zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des Kreises, Kempen 1928, S. 171f.
Die Veröffentlichung  an dieser Stelle geschieht mit freundlicher Genehmigung des Kreises Viersen vom 16. September 1999
(Aktenzeichen 41/E 1-47 12 43)

Link Heimatbuchartikel über Lobberich

Link weitere Literatur über Lobberich

Link Geschichte(n) - auch aus anderen Quellen.