WESTDEUTSCHE ZEITUNG

17. Juli 2004


Girmes verkauft, aber das Bangen geht weiter

Unterschrieben ist der Kaufvertrag zwischen Girmes und dem französischen Investor Tissavel. 420 Mitarbeiter hoffen nun auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

Oedt/Lobberich. Girmes ist verkauft, und zwar an das französische Unternehmen Tissavel. Dies wurde gestern den noch 420 Beschäftigten während einer Betriebsversammlung von Betriebsrat Josef Oemmelen mitgeteilt.

Ein leichtes Aufatmen sei durch die Belegschaft gegangen, sagte er gestern gegenüber der WZ. Aber eben nur ein leichtes, denn wie viel Arbeitsplätze durch den Verkauf nun wirklich gerettet werden können, stehe noch nicht fest. Die für alle Mitarbeiter ausgesprochene Kündigung zum 31. Juli wurde nämlich noch nicht zurück genommen.

Am 5. November 2003 hatte der Textilhersteller mit Standorten in Oedt, Lobberich, Tschechien, USA und China, beim Amtsgericht Krefeld Insolvenz angemeldet. Und das aus zwei Hauptgründen: 100 Millionen Euro Schulden und Umsatzrückgang. Der größte Textil-Arbeitgeber am Niederrhein stand, fünf Tage vor seinem 124. Geburtstag, anscheinend vor seinem Aus.


Ein rieisger Komplex ist die Firma Girmes in Oedt, wie diese Luftbild zeigt. Foto: Friedhelm Reimann

Von den damaligen 727 Angestellten hatten 640 an Weihnachten ihre Kündigung in der Tasche. Ausgenommen waren die 28 Auszubildenden, für sie wurden andere Lösungen gesucht, 13 Mitarbeiter hatten selbst gekündigt, einige waren in Mutterschutz oder in Altersteilzeit.

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Horst Piepenburg übernahm die Insolvenz-Verwaltung. In der Firma wurde weiter gearbeitet, denn Aufträge gab und gibt es noch, während ein Investor gesucht wurde .

Und den fand man in der Firma Tissavel. Der unterzeichnete Vertrag sichert den Erhalt der europäischen Standorte von Girmes. Bis Ende des Monats, so der Sprecher von Piepenburg, Thomas Schulz, sollen weitere Details ausgehandelt werden.

"Ob alle Arbeitsplätze sicher sind, kann man nicht sagen. Jeder weiß, wie schwierig es heute in der Textil-Wirtschaft ist. Ab 1. August ist der neue Besitzer in der Verantwortung", sagte er. Das heißt, Piepenburg hat zusammen mit der Geschäftsleitung im Rahmen eines Sanierungsplans die Firma restrukturiert und die Kosten reduziert.

Das heißt aber auch, dass Dirk Busse nicht mehr Geschäftsführer sein wird. Wer folgt ist noch unbekannt. Verhandelt wird weiterhin noch mit anderen Interessenten über Girmes-Ableger in USA und China. Weitere Details werden auch hier, wie zuvor bei der Tissavel-Aktion, nicht bekannt gegeben.

Betriebsrat Oemmelen betonte im WZ-Gespräch, wie froh die Mitarbeiter sind, dass die neunmonatige Ungewissheit über die Zukunft von Girmes vorbei ist. Er lobte die 360 Mitarbeiter in Oedt und die 60 in Lobberich für ihre disziplinierte Arbeit. Dies seien positive Signale für den neuen Besitzer.

"Verhaltenen Optimismus" empfinde er angesichts des Girmeskaufs, sagte Peter Behr, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Krefeld, mit der die Textil-Gewerkschaft 1998 fusionierte. Weitere Verhandlungen und die zukünftige Auftragslage müsse abgewartete werden, vorher könne er nichtmehr dazu sagen.

Und auch Grefraths Bürgermeister Herbert Kättner reagierte zurückhaltend. "Ich habe bisher nur die Tatsache als solche gehört. Einzelheiten weiß ich noch nicht." Aber er werde nun versuchen, Details zu erfahren. Schließlich habe ein Fortbestand von Girmes für die Gemeinde immense Auswirkungen.

Nicht nur im Blick auf Arbeitslosigkeit, oder die Gemeindekasse. Außerdem, so Kättner, was hätte man im Falle einer Schließung mit der riesigen Industriebrache machen sollen?

Außerdem hat Tissavel ein Textil entwickelt, dass durch seine spezielle Faser Schutz gegen elektromagnetische Strahlen bietet.

Samstag - 17.07.2004

Von Barbara Leesemann


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