1000 Jahre Lobberich

Geschichte und ihre Geschichten -
ein Leseheft für Schulen und Familien


Die Römer kommen an den Rhein

Die meisten von Euch kennen ihn durch Asterix' Abenteuer, den römischen Feldherren und Staatsmann Cajus Julius Caesar. Zu den von ihm zwischen 58 - 51 v Chr eroberten Gebieten gehörten das heutige Frankreich, Belgien, die Niederlande und das linksrheinische Deutschland

Um die Rheingrenze gegen die Germanen am anderen Ufer zu sichern, setzte er 2 Mittel ein: Er legte dicht beim Fluß am Westufer erste feste Plätze an, die seine Nachfolger später zu einer Verteidigungslinie ausbauten. Außerdem suchte er, besonders kriegerische Stämme vom anderen Ufer herüberzuholen, indem er sie für sich einspannte und dann linksrheinisch ansiedelte.

Caius lulius Caesar (100 - 44 v. Chr.);

Verteidigungslinie am Niederrhein - niedergermanischer Limes; Castra Vetera - Altes Lager, heute: Birten; das heutige Xanten liegt bei der nach f00 n. Chr. entstandenen römischen Kolonie Ulpia Traiana. Von Castra Vetera aus zog Varus zum Sommerfeldzug ins rechtsrheinische Germanien. An seinem Ende lag die Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr.

Zu den auf diese Weise angelockten Germanen gehörten auch die Sugambrer. Ein Teill dieses Stammes, die Baetasier, erhielt in unserer Heimat zwischen Schwalm und Niers Wohnung und, damit sie keine "Dummheiten" machten, wurden sie einem Verwaltungsbezirk zugeschlagen, der um 100 n. Chr. von Castra Vetera her geleitet wurde.

Folgender Brief des Militärtribuns Claudius Fulvius an seine Angehörigen in Rom stammt aus dem Jahr 119 n. C hr.

Marcus Fulvius ad familiäres (an seine Angehörigen)

Heil Euch, meine liebe Clodia, meine Kinder Marcus und Corinna

Ihr habt lange Zeit auf einen Brief aus Atuatuca (heute Tongern in Belgien) warten müssen. Das kam daher, daß ich mit den Vorarbeiten für die Verlegung unserer Legion nach Castra Vetera vollauf beschäftigt war. Doch heute kann rnich nichts mehr hindern, Euch diese Zeilen zu schreiben Denn Ihr sollt von einem gefährlichen Abenteuer erfahren, das ich zu bestehen hatte.

Gestern ritt ich um die 3. Stunde (9 Uhr) mit meinen Burschen Flavus und Rubrius von Atuatuca Richtung Norden. Die Junisonne brannte unbarmherzig, so daß wir froh waren, meilenweit unterdem Schaftendach hoher Buchenwälder zu reiten. Wir kamen ohne jede Störung voran und hatten gegen Abend etwa 60 Meilen (etwa 90 km) zurückgelegt- Heute morgen verließen wir mit frischen Pferden die statio (Stellezum Rasten und Pferdewechsel). Als wir gegen Mittag ei . nen sanften Höhenzug im Gebiet der Baetasier erreichten, ließ ich an einem kleinen Bachlauf halten und schickte den Rubrius aus, einen passenden Lagerpla tz weiter westlich zu suchen. Er kehrte bald zurück, um uns abzuholen.

Der Platz, den er ausgewählt hatte, eignete sich in der Tat hervorragend als Feuerstelle wie auch als Tränke. Er lag geschützt in einer Senke.

Der Lagerplatz am Ludbach zwischen altem Wasserwerk und Bengmannshof (am Sittard).

Während ich mich auf dem warmen Boden lang hinstreckte, trugen die Burschen Holz herbei, schlugen Feuer und bald brutzelten einige Fleischstücke im hängenden Kessel.

Die beiden Pferde hatten ihren ersten Durst gestillt und grasten am Ufer des Baches.

Ich weiß nicht mehr, ob ich ein Nickerchen eingelegt hatte, doch war ich urplötzlich hellwach, als fast gleichzeitig die Tiere ängstlich aufwieherten und Flavus brüllte. "Lupi, lupi! " (Wölfe, Wölfe) Gott sei Dank, hatte ich nach meiner Gewohnheit das Schwert gleich zur Hand. Ich sprang auf und erkannte sofort die tödliche Gefahr, die unseren beiden Pferden drohte. Zwei ausgewachsene Wölfe und ein Jungtier schickten sich nämlich an, auf Sprungweite an sie heranzukommen.

Schon hatten sie sich aus dem Wald herausgewagt und die Lichtung betreten- Da war keine Zeit mehr, irgendeinen Befehl zu geben. ich machte zwei drei Sätze, und schon stand ich im Rücken der Tiere. Sie schienen mich nicht bemerkt zu haben, so sehr hatten sie ihre Beute im Auge, dabei knurrten sie, daß es einem durch Mark und Bein ging.

Nun mußte gehandelt werden. Also machte ich einen mächtigen Satz und hieb im selben Augenblick auf den Schädel des rechts kauemden Untiers. Was dann geschah, war schrecklich und befreiend in einem: für einen Augenblick krümmte der Wolf seinen Nacken, blickte mich wild und vom Schmerz verzerrt an und heulte dann herzzerreißend auf. Das war dann der Moment, wo aus einem vermeintlichen Sieger ein Besiegter geworden war. Das müssen auch die beiden anderen Bestien so empfunden haben, denn sie ließen ihren schwer getroffenen Artgenossen ganz gegen das Verhaften, das man bei ihnen kennt, liegen und verschwanden mit Geheul im Dickicht. Jetzt erst war ich in der Lage, dem Flavus, der sich mit seinem Wurfspieß an meine Seite geschlichen hatte, den Befehl zugeben, den noch lebenden Wolf von seinen Schmerzen zu erlösen.

Ich suchte indessen mit Rubrius das nahe Gehölz ab, aber wir hörten nur noch das immer weiter sich entfernende Geheul der beiden flüchtigen Wölfe. Glaubt mir, mir war der Appetit vergangen. Wir schlangen den Braten herunter und ließen das meiste Geschirr am Lagerplatz zurück. Gegen Abend, es wurde gerade zur 12. Stunde geblasen (18 Uhr), erreichten wir Castra Vetera.
Damit Ihr den Brief bald in Händen haltet, schicke ich ihn mit der Post, die noch heute mit einem Schiff unserer Rheinflotte den Strom hinauf befördert wird.

In Liebe, Euer Gatte und Vater.

Seid sorglos! Ich spüre, daß die Götter mit mir sind.

Opfert an meiner Statt der Roma 3 Tauben!

Nachtrag: Schickt keinen Brief mehr nach Atuatuca, denn in 10 Tagen wird die Legion in Castra Vetera Lager beziehen.

Übrigens fand man im vergangenen Jahrhundert römische Topfscherben an der Stelle vor dem "Alten Wasserwerk", da, wo der Lobbericher Graben seinen Anfang nimmt.

Lobberich liegt auf unterschiedlich hohen Erdterrassen, die durch Bodenabsenkung entstanden sind. So kam es zu Talbildungen (Bocholt, Flothend, Dyck und Sittard). Die Bruchlinie, die am Sittard anfängt, ist zwischen Alter Kirche und Ingenhovenpark gut erkennbar.

Die römische Herrschaft am Rhein dauerte ungestört bis ins 3. Jahrhundert hinein. Die Römer gründeten Städte am linken Stromufer und erfüllten sie mit Leben, wie sie es von zu Hause gewöhnt waren. Dazu gehörten Tempel, Plätze, Theater und Bäder wie die Einrichtung der Häuser, Eßgewohnheiten und vieles andere. Die so entstandenen städtischen Ansiedlungen, wie Colonia Ulpia Traiana (Xanten), Colonia Claudia Agrippinensium (Köln), Novaesium (Neuß), Bonna (Bonn) hatten schon früh christliche Gemeinden, die aber nicht auf das meist dünnbesiedelte Hinterland ausstrahlten. An diesen städtischen Ansiedlungen vorbei drängten dann am Niederrhein vom rechten Rheinufer her nach 257 immer wieder neue Siedler fränkischer Herkunft.

Um 500 waren sie unter Chlodwig so mächtig, daß sie nach dem Sieg über die Römer ein großes Reich begründeten und von der Residenz Paris her über das heutige Frankreich, Belgien, die Niederlande bis zum Rhein herrschten. Es war nun von weltgeschichtlicher Bedeutung, daß sich Chlodwig in Reims durch Bischof Remigius katholisch taufen ließ. Damit war die Grundlage für ein christliches Frankenreich gelegt.

In der fränkischen Tradition stand auch der berühmte Karl (768 - 814).

Es folgt ein Bericht aus den Reichsannalen über ein Ereignis des Jahres 800:

"Wie König Karl aber am Geburtstag des Herren zur Feier der Messe die Peterskirche betreten und sich vor dem Altar verneigt hatte, setzte Papst Leo eine Krone auf sein Haupt, und das römische Volk rief mit lauter Stimme: "Dem erhabenen Karl, dem von Gott gekrönten großen und friedbringenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg!" Nach diesem Zuruf wurde ihm, wie es bei den alten Fürsten der Brauch war, vom Papst gehuldigt und er fortan Kaiser und Augustus genannt."

So wurde Karl als erster der fränkischen Herrscher Kaiser über das christlich gewordene weströmische Reich.

Wir wissen, daß die Franken nicht nur ihre Herrschaft über den Rhein weit nach Osten ausdehnten, sondern auch die Christianisierung im Reich in den Städten und überall auf dem Lande vorantrieben. So werden spätestens um diese Zeit Missionare in das frühere Siedlungsgebiet der Baetasier zwischen Maas und Niers gekommen sein und die Botschaft Christi gebracht haben.

Lobberichs Wiege stand im Moilgau, im Erzbistum Köln. Die handgezeichnete Karte zeigt in etwa den Grenzverlauf zwischen den Diözesen Köln und Lüttich im 9. Jahrhundert. Der Punkt beim Wort Moila deutet Lobberichs Lage an. in der kirchlichen Rangordnung war das Erzbistum Köln dem von Lüttich übergeordnet. Mann nennt heute noch die untergeordneten Bistümer Suff raganbistümer.


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