1000 Jahre Lobberich

Geschichte und ihre Geschichten -
ein Leseheft für Schulen und Familien


Auf dem Weg zum großen Wandel

Der Hofmarschall des Königshofes veröffentlichte im Jahre 1703 u. a. Zahlen über das Personal am Hofe des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Hier ein Auszug : 48 Ärzte, 128 Sänger, 62 Herolde, 68 Quartiermeister, 383 Köche, 12 Mantelträger, 8 Rasierer, 3 Bindenknüpfer, im ganzen 3000 Bedienstete, Lakaien und Zofen.

Wie eine Sonne wollte Ludwig aller Welt sein Licht spenden. Die Höfe Europas schauten nach Versailles, um nichts zu verpassen. Die Damen von Welt gingen nun in engge­ schnürten, die Taille betonenden Kleidern, über einem Drahtgestell auf dem Kopf die Haare turmartig frisiert. Die Herren wie die Damen in seidenen Stoffen gekleidet, fan­ den enge Röcke mit Ärmelaufschlägen ent­ zückend. Neuerlich nahmen sie beim Gruß die weiten Hüte ab. Das war genau zu der Zeit, wo Baron Arnold von Bocholtz dem Landesherren für Lobbe­ rich eine nüchterne Bilanz aufmachte: Es sei unmöglich, den Anteil an der Verbrauchsab­ gabe, der Kopfsteuer und dem Viehgeld auf­ zubringen, vor allem aber die abzuliefernden Schafe, Gänse und Bienen. Er fährt fort, Handel und Durchgangsverkehr seien unbedeutend. Die wenigen ortsansäs­ sigen Bierbrauer müßten von jeder Tonne Bier ein Grütgeld zahlen. Teilweise werde das Bier von Venlo geholt. Der Umsatz der örtlichen Branntweinbrennereien sei „sehr unbedeutend". In Lobberich wohne 1 Woll­ weber, der auch für Auswärtige arbeiten müsse. Von 7 - 8 Leinenwebern müßten zwei aus Armenmitteln unterhalten werden. Es gäbe 5 Schneider, die kaum mehr als 3 brabantische Stüber täglich verdienten . Die 2 - 3 Bäcker verkauften kaum Weißbrote und Wecken. Diese gingen fast ausschließ­ lich an Kranke. Wenige Kaufleute handelten mit Leinen und Garn. Sie würden wohl in die angrenzenden Gebiete ausweichen, wenn si e mehr Abga ben l eisten müßten. (16)

Damals klagten die Schöffen des Amtes Krickenbeck,die Belastung der Höfe sei so hoch, daß niemand mehr Geld darauf leihen wollte. Offensichtlich gab es wie in Frankreich einen großen Gegensatz zwischen dem Adel an den Höfen und dem 3. Stand der Bürger und Bauern.


16) Die Auflistung macht uns mit den Steuern, die an den Landesherren gingen, bekannt.,der als Zeitgenosse des großen Ludwig natürlich standesgemäß leben wollte. Die Landesherren nahmen alle überörtlichen Aufgaben wahr (Verwaltung, Gerichtswesen, Aufstellung und Betreuung der bewaffneten Macht) Wir erfahren aber auch etwas über die Anfänge des später für Lobberich so wichtigen textilen Handwerks.

Grütgeld: eine Steuer auf Pflanzen, die für die Bierherstellung verwandt wurden. (Porst, Gagel, später Hopfen). Schon im 14. Jahrhundert wurde die Grut in Lobberich angepflanzt.
Ab 1717 zahlte man für jedes Mitglied im Haus, das über 16 Jahre alt war, eine Steuer (Kopfsteuer). Vieh wurde nach Tierarten unterschiedlich besteuert.


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Geschichte(n) - auch aus anderen Quellen.